Archiv der Kategorie: Demokratie

Ein Plädoyer für ein ordnungspolitisches Eingreifen der Politik

Es ist an der Zeit das Krisenumverteilungsprogramm von unten nach oben zu beenden. Schließlich kann man Armut und Armutsgefährdung auch anders bekämpfen als davon betroffenen Menschen Brotkrümel zu geben, die sich bei den obersten fünf Prozent der Vermögenden sehr rasch in Kuchen verwandeln.

Das war schon bei den Coronahilfen so, wo vor allem Reichtum und Vermögen der im Verhältnis recht kleine Gruppe von Besitzenden mit Milliarden geschützt und vermehrt wurde, während ArbeitnehmerInnen, wenn sie Glück hatten Kurzarbeit in Anspruch nehmen konnten, mit etwas mehr Pech jedoch arbeitslos wurden, und sehr wohl massive Einkommens- und auch Vermögensverluste zu tragen hatten. Und die Unterstützung all jener, die nicht Teil eines regulären Arbeitsprozesses waren, nimmt sich im Verhältnis zu allen übrigen Förderungen tatsächlich sehr gering aus. Und dennoch, das sei hier erwähnt, haben hier die Grünen noch deutlich Schlimmeres verhindert.

Doch es Bedarf nicht immer mehr Geld vom Staat, sondern vielmehr mutigen ordnungspolitischen Handelns um Armut zu bekämpfen. Und ich denke, gerade jetzt wäre die Zeit dafür richtig, hierfür gesellschaftliche und parlamentarische Mehrheiten zu suchen. Dazu einige Beispiele

Gerade beim Thema Wohnen gibt es im Bereich der Mieten im nicht geförderten Wohnbau eine zentrale Umverteilung von arm zu reich. Die öffentliche Hand reagiert darauf einerseits angebotsfördernd mit gefördertem Wohnbau und Gemeindewohnungen andererseits finanziell unterstützend mit Wohnbeihilfe, Mietbeihilfe, Teuerungsausgleich und ähnlichem. Dieses Steuergeld fließt 1:1 in die Taschen von VermieterInnen. Mit ordnungspolitischen Maßnahmen wie klaren Mietzinsobergrenzen und sehr restriktiver Befristung könnte der Staat Wohnen deutlich vergünstigen, seine Beihilfen und Zuschüssen reduzieren und das dadurch eingesparte Geld selbst wieder für den öffentlichen Wohnbau und damit einer Verbreiterung des Angebotes nutzen. Das macht Mieten und auch den Erwerb von Eigentum günstiger und der Staat korrigiert damit bestehendes Marktversagen.

Auch beim Thema Energie kann der Staat natürlich eingreifen. Und wenn das Preisgesetz bei den sprunghaft gestiegenen Preisen nicht greift, weil es gegenwärtig so ausgestaltet ist, dass es tatsächlich erst dann zum Tragen kommt, wenn es im Vergleich zum internationalen Markt Unregelmäßigkeiten ausweist, dann muss man das Preisgesetz per Gesetzesbeschluss ändern. Schließlich agieren große Energiemultis auch nicht auf nationaler Ebene, sondern versuchen die spekulative Gewinnmitnahme überall wo möglich. Und ja hier muss und soll der Staat eingreifen. Warum eine Energieunterstützung, wo mit unserem Steuergeld am Ende des Tages Energiekonzerne und Spekulanten subventioniert werden, anstatt Höchstpreise festzulegen. Auch hier gilt es das Marktversagen zu korrigieren und nicht unser Steuergeld zu verschenken.

Wenn dann selbst Betriebe der öffentlichen Hand wie Verbund, EVN und Wien Energie ihre Gewinne maximieren und Kunden abzocken dann läuft mehr als nur ein klein wenig falsch und das Eingreifen der öffentlichen Hand als EigentümerIn ist mehr als nur gefordert.

Das alles ändert nichts daran, dass eine Reduktion des Energieverbrauchs ganz gleich ob Strom, Öl, Gas, Benzin oder Diesel kurzfristig unbedingt notwendig ist, um von russischem Blutgas und Blutöl unabhängig zu werden. Anders geht’s nichts. Daher scheinen auch hier regulierende Maßnahmen wie Forcierung der Wärmedämmung, Nutzung von Geothermie aber auch Tempolimits uvm angebracht.

Ein drittes Beispiel: Arbeit muss sich wieder lohnen. Sie lohnt sich aber nicht, wenn, wie von Industrie und Wirtschaft oft gefordert Sozial- bzw Versicherungsleistungen wie das Arbeitslosengeld gekürzt bzw Zumutbarkeitskriterien verschärft werden. Sie lohnt sich einzig und allein, wenn Arbeitsverhältnisse verbessert und insbesondere bei den niedrigsten Einkommen gerechter gezahlt wird. Immer noch gibt es Jobs mit weniger als 8 Euro in der Stunde brutto. Das man damit nicht über die Runden kommt ist wohl nachvollziehbar. Kurz gesagt – kein Vollzeitjob mehr unter € 2000,- brutto pro Monat. Das sind etwas mehr als € 1.500,- netto – nicht die Welt, aber doch deutlich besser als manche Löhne die immer noch für einen Vollzeitjob gezahlt werden.   

Selbstverständlich soll und muss die öffentliche Hand auf allen Ebenen, Menschen, die zur Führung eines menschenwürdigen Lebens auf Hilfe angewiesen sind, weiterhin unterstützen. Natürlich auch finanziell. Mit der Schaffung sinnvoller Rahmenbedingungen kann dabei jedoch sichergestellt werden, dass staatliche Unterstützung nicht noch mehr zur Vermögensvermehrung der obersten fünf Prozent beiträgt, sondern tatsächlich Armut bekämpft und auch noch finanzielle Mittel übrig lässt um Projekte zu fördern, die auch neue Chancen eröffnen.

Demokratie und Datenschutz – oder das Umgehen mit Widersprüchen jenseits von Gerüchten

Gerüchte sind lästig. Egal was man tut, sie lassen sich selten bestätigen und noch schwerer widerlegen. Wenn jetzt das Gerücht eines Immobilieninvestors die Runde macht, der angeblich bei der Spitzenwahl der Wiener Grünen mitmischen möchte, so zeigt dies – ganz ohne auf Wahrheitsgehalt und „wer da wirklich dahintersteckt“ einzugehen – auf vielfältige Weise, die sich daraus ergebenden Probleme auf.

Auf der einen Seite steht (außer man outet sich selbst) der Datenschutz. Der sorgsame Umgang mit Daten sowie das individuelle Recht nicht zwangsgeoutet zu werden – wer auch immer man ist, was auch immer man tut.

Auf der anderen Seite stehen politische Verantwortung, Rechenschaftspflicht und öffentliches Interesse. Anhand der Registrierung von WählerInnen für die Grüne Spitzenwahl sei dies kurz aufgezeigt.

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CETA und TTIP – am besten kübeln

Der Wiener Gemeinderat beschließt heute mit großer Mehrheit eine ablehnende Stellungnahme bzgl. #CETA und #TTIP. Gleichzeitig soll auch versucht werden eine einheitliche Stellungnahme aller Bundesländer zu erreichen um Wirtschaftsminister Mitterlehner diesbezüglich nicht gänzlich freie Hand zu lassen.
Was genau beschlossen wird, ist hier nachzulesen:

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Der letzte Akt in Sachen Compress

Mit dem heutigen Tag stellt der Wiener Gemeinderat die gesamte Auslandskommunikation der Stadt auf neue Beine. Mit 31.12.2015 ist der Compress Verlag Geschichte. Und das ist auch gut so.

Zu viele Fragen blieben in der Vergangenheit offen. Von der längst überfälligen inhaltlichen Adaptierung bis hin zur Finanzierung. Gänzlich unkontrolliert erwirtschaftete der Compress Verlag auf Kosten der Stadt Wien im vergangenen Jahrzehnt einen Gewinn von 40 Millionen Euro. Was damit passierte, bleibt bis heute im Unklaren.

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Sorry Genossen, so geht’s nicht !

Alle die jetzt glauben es gehe um’s Burgenland und rot-blaue Liebeleien muss ich leider enttäuschen. Es geht auch nicht um Abgeordnetenkauf und Korruption, wenn gleich eine gewisse Nähe vorhanden ist. Es geht um versteckte Parteienfinanzierung.

Meinungsumfragen sind Teil der Wahlkampfvorbereitung. Parteien, die sich dieses nicht gerade günstige Unterfangen leisten können bzw. wollen, machen welche. Mehr Information bietet auch mehr Chancen – zumindest glauben wir das alle.

Doch weil dies alles viel Geld kostet, ist jede Meinungsumfrage gut überlegt, letztendlich sogar jede Frage. Außer es zahlt jemand anderer. Und da scheint der Wiener SPÖ eine grandiose Idee gekommen zu sein.

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Die Grenze der Nichteinmischung ist erreicht …

… oder warum ich Entscheidungen in Wiener Neustadt für falsch halte.

Vierzig Kilometer von Wien entfernt bietet sich unter dem Schlagwort „bunt regieren“ ein mehr als seltsames Bild. Alle gegen die SPÖ. Nicht das mir die SP-Wiener Neustadt (die tagelang gehofft hat, sich mit einer rot-blauen Koalition über die Runden zu retten) leid tun würde, doch so verlottert kann eine Sozialdemokratie nicht sein, dass ich mich deshalb auf ein  Arbeitsübereinkommen mit ÖVP und FPÖ einlasse. Da bleibe ich lieber 100 Jahre Opposition. Punkt.

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Das Wahlrecht machts – einmal gewählt sind viele Ergebnisse möglich

Die österreichische Verfassung sieht für Wahlen die Anwendung des Verhältniswahlrechtes vor. Dies bedeutet, dass sich der WählerInnenwille proportional zum Wahlergebnis auch in der Mandatszuteilung widerspiegeln sollte. Wie unterschiedlich und dennoch rechtlich zulässig dies interpretiert werden kann zeigt ein Blick auf Nationalratswahl- sowie neun Landtagswahlordnungen.

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Wiener Wahlrecht – ein Blogbeitrag an und für meine sozialdemokratischen FreundInnen

„Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie längst verboten.“ Ob dieses Zitat nun von Oskar Wilde, Kurt Tucholsky, Rosa Luxemburg oder Emma Goldman stammt lässt sich bis heute nicht abschließend beantworten. Ist aber auch nicht wichtig. Ich mag dieses Zitat, weil es in vielen Teilen der Welt leider einiges für sich hat, auch wenn ich es für Österreich und Wien nicht teile. Der Wertschätzung gegenüber den vier genannten Personen tut dies keinen Abbruch.

Wahlen können etwas verändern. Die Grüne Regierungsbeteiligung in Wien hat dies gezeigt. Nichts in den letzten 30 Jahren hat den Diskurs über Mobilität österreichweit so verändert wie die Umsetzung der Jahreskarte für Wien um einen Euro pro Tag. Doch darum soll es heute nicht gehen. Das kleine Beispiel dient lediglich als Beleg dafür, dass es nicht egal ist wem WählerInnen ihre Stimme geben. Und gerade weil dies so ist spielt das zugrunde liegende Wahlrecht eine wesentliche Rolle.

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Finanztransaktionssteuer – ein erster Schritt, weitere müssen folgen

Um „Fünf nach Zwölf“ hat sich gestern doch noch eine ausreichende Anzahl von Ländern zusammengefunden um mittels „verstärkten Zusammenarbeit“die Finanztransaktionssteuer (FTT) auf europäischer Ebene voran zu treiben.

Ein kleiner Erfolg für uns Grüne – geht dies doch auf unsere Intitiative zurück. Ob’s ein großer wird, muss sich erst zeigen.

Noch ist alles drin – von einer Steuer, die defacto alle relevanten Finanztransaktionen umfasst, Geld in die Kassen der öffentlichen Hand spielt und Kurzfristspekulationen zum Erliegen bringt bis hin zu einer ungewollten aber befürchteten „Placebosteuer“, die niemandem weh tut.

Schließlich kennt sich die Bundesregierung damit aus, die Reichen und Vermögenden nicht wirklich zu belasten. Nichts dokumentiert dies besser als die Abgabe auf Widmungsgewinne. Durch eine kleine Änderung bei der Berechnung der Einkommenssteuer wird deren sinnvolle Besteuerung untergraben.

Es gilt daher vom Finanzministerium raschest die nächsten Schritte klar zu legen um zu wissen in welche Richtung die Reise geht.

Verabschieden sollte man sich jedenfalls von der Vorstellung, die FTT könne als eine Art Krisenfeuerwehr fungieren und bestehende Brände löschen. Dazu bedarf es gesellschaftspolitischer Veränderungen und somit weit aus mehr als einer Abgabe von 0,1% auf Finanztransaktionen.

Vordemokratische Zeiten – vom Wahlrecht ausgeschlossen

Für rund 300.000 WienerInnen ist demokratische Mitbestimmung nur graue Theorie.

Sie bauen unsere Straßen, Schulen, Büros und Wohnungen. Sie putzen in Pflegeheimen und Spitälern unsere Hintern. Sie räumen in der Wohnung hinter uns her, ebenso wie in Hotels und Gastgewerbe. Sie sind die neuen Greißler, sichern das Überleben unserer Märkte und sind aus der Nahversorgung nicht mehr weg zu denken. Sie verkaufen uns die Morgenzeitung. Sie studieren hier und sind erfolgreich in Wirtschaft und Beruf. 351.907 MigrantInnen ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Sechs von sieben sind älter als 16 Jahre und dennoch dürfen sie bis heute nicht wählen.

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